
Osteopathie bei Kopfschmerzen
Kopfschmerzen zählen zu den häufigsten Beschwerden im Alltag. Sie können durch muskuläre Verspannungen, Fehlhaltungen, Stress oder funktionelle Dysbalancen im Körper entstehen. Als Osteopath betrachte ich den Menschen in seiner Gesamtheit, um die zugrunde liegenden Ursachen von Kopfschmerzen zu erkennen und gezielt zu behandeln.

Ursachen von Kopfschmerzen
Die Ursachen von Kopfschmerzen sind vielfältig. Neben neurologischen oder vaskulären Erkrankungen können auch Funktionsstörungen im Bewegungsapparat eine entscheidende Rolle spielen. Häufig beobachtet man:
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Verspannungen der Nacken- und Schultermuskulatur
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Fehlhaltungen durch Bildschirmarbeit oder einseitige Belastungen
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Kiefergelenksprobleme (CMD)
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Stressbedingte Spannungen und vegetative Dysbalancen
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Folgen von Unfällen oder Schleudertraumata
Funktionelle Spannungen in Muskeln, Faszien oder Gelenken können über verschiedene anatomische Verbindungen Kopfschmerzen begünstigen. Besonders im Bereich der oberen Halswirbelsäule und der subokzipitalen Muskulatur („myodurale Brücke“) besteht eine enge Beziehung zur Dura mater cranialis, der Hirnhaut. Veränderungen in diesem Bereich können sich direkt auf das Kopfempfinden auswirken. Die anatomische Verbindung ist gut beschrieben; die klinische Relevanz wird weiterhin erforscht (Kahkeshani & Ward 2012).
Wie Osteopathie helfen kann
Osteopathie setzt bei Bewegung, Spannung und dem Zusammenspiel der Körpersysteme an. Viele Patient:innen berichten – vor allem bei Spannungskopfschmerzen oder stressbedingten Beschwerden – über spürbare Erleichterung. Studien liefern Hinweise auf positive Effekte, besonders bei chronischen Schmerzen; die Ergebnisse sind nicht in allen Untersuchungen gleich (Haller 2019). Deshalb gehe ich schrittweise vor: verständliche Anamnese, klare Ziele und eine gemeinsame Auswertung nach den ersten Sitzungen.
Im Rahmen der osteopathischen Behandlung werden häufig folgende Bereiche untersucht und behandelt:
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Nacken-, Schulter- und Kieferregion
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Brustkorb und Atmungsmechanik
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Schädel und craniosakrale Strukturen
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viszerale Spannungen (z. B. Zwerchfell, Verdauungssystem)
Kurze Einordnung nach ICHD‑3 (Auswahl)
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Kopfschmerz vom Spannungstyp (TTH): beidseitig, drückend/ziehend, leichte–mäßige Intensität, nicht belastungsgetriggert.
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Migräne: oft einseitig, pulsierend, ggf. Übelkeit sowie Licht‑/Lärmempfindlichkeit; mit oder ohne Aura.
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Zervikogener Kopfschmerz (CEH): aus dem Nacken generiert, häufig bewegungsabhängig, meist einseitig.
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MOH (Medication‑Overuse Headache): Kopfschmerz durch häufige Analgetikaeinnahme.
Diese Einordnung ersetzt keine ärztliche Diagnostik, hilft aber, Beschwerden besser zu verstehen (ICHD‑3).
Wann Osteopathie sinnvoll ist
Osteopathie kann begleitend unterstützen bei:
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Spannungskopfschmerzen
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Migräne (begleitend)
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Kopfschmerzen im Zusammenhang mit Kiefer‑/Zahnproblemen (CMD)
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Beschwerden nach Schleudertrauma
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funktionellen Schwindel‑ oder Nackenproblemen
Warnzeichen (Red Flags)
Bitte ärztlich abklären lassen
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Plötzlich einsetzender, sehr starker („thunderclap“) Kopfschmerz
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Neurologische Ausfälle (Sehen, Sprechen, Lähmungen), Fieber/Meningismus
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Neue Kopfschmerzen > 50 Jahre, Schwangerschaft/Früh‑Wochenbett mit Neu‑Kopfschmerz
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Zunehmende Häufigkeit/Schwere oder fehlende Besserung trotz Therapie
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MOH‑Verdacht: sehr häufige Schmerzmitteleinnahme
Was du selbst tun kannst (ergänzend)
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Regelmäßig bewegen (Ausdauer, sanfte Kräftigung für Nacken/Schulter)
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Arbeitsplatz ergonomisch einrichten, Pausen einplanen
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Entspannung & Schlafhygiene (Atemübungen, kurze Mikropausen, Handy aus dem Schlafzimmer verbannen)
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Hydration & Rhythmus beachten, Kopfschmerztagebuch erwägen
Wissenschaftlicher Hintergrund (Kurzüberblick)
Die osteopathische Arbeit in meiner Praxis orientiert sich am biopsychosozialen Modell: Körperliche, emotionale und soziale Faktoren beeinflussen sich gegenseitig. Für chronische Schmerzen liegen ermutigende Hinweise auf Nutzen manual‑/osteopathischer Ansätze vor; für Kopfschmerzformen sind die Ergebnisse heterogen. Konzepte zu Interozeption, Vorhersageprozessen und Allostase liefern Erklärungsmodelle dafür, wie manuelle Therapie das Nervensystem regulativ beeinflussen kann (Bohlen 2021; Esteves 2022; Rabey & Moloney 2022). Osteopathie kann daher begleitend eingesetzt werden und ersetzt ärztliche Abklärung bei Warnzeichen nicht.
Literatur (Auswahl)
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Haller, H. et al. (2019). Craniosacral therapy for chronic pain: a systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials. BMC Musculoskeletal Disorders, 21(1). https://doi.org/10.1186/s12891-019-3017-y
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Kahkeshani, K., & Ward, P. J. (2012). Connection between the spinal dura mater and suboccipital musculature: Evidence for the myodural bridge. Clinical Anatomy, 25(4), 415–422. https://doi.org/10.1002/ca.21261
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Headache Classification Committee of the International Headache Society (IHS) (2018). The International Classification of Headache Disorders, 3rd edition (ICHD‑3). Cephalalgia, 38(1), 1–211. https://doi.org/10.1177/0333102417738202
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Bohlen, L. et al. (2021). Osteopathy and Mental Health: An Embodied, Predictive, and Interoceptive Framework. Frontiers in Psychology, 12. https://doi.org/10.3389/fpsyg.2021.767005
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Rabey, M., & Moloney, N. (2022). Allostasis as a Possible Explanatory Model. Physical Therapy, 102(3). https://doi.org/10.1093/ptj/pzac017
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Esteves, J. E. et al. (2022). Osteopathic Care as (En)active Inference. Frontiers in Psychology, 13. https://doi.org/10.3389/fpsyg.2022.812926
